An(ge)dacht
Liebe Mitchristen!
Ich war fasziniert, als ich das Foto von Florian Barth mit dem wunderschönen Regenbogen über unserer Kirche im Schwabacher Tagblatt gesehen habe. Es hat mich zu meiner Andacht für den Gemeindebrief animiert. Der Regenbogen ist ein Trost- und Hoffnungszeichen. Und was brauchen wir mehr als genau das in dieser bedrückenden Zeit der Corona-Pandemie.
Mir fallen die Plakate ein, die ich im Frühjahr in Berichten über Italien gesehen habe: Handgemalte Plakate mit einem dicken Regenbogen und den Worten “tutto andrà bene” – alles wird gut. Es wird nicht gut, weil wir alles im Griff haben. Es wird auch nicht gut, wenn wir die Situation verharmlosen.
Es wird gut – das sind Worte der Hoffnung – weil wir darauf vertrauen, dass Gott unser Leben in der Hand hat. Auch in schweren Tagen, auch wenn die nächsten Wochen manchen von uns viel abverlangen werden. Auch wenn wir nicht wissen, wie alles weitergeht, ob und wie wir die Konfirmationen im April/Mai und das Osterfest als Gemeinde feiern können. Tutto andrà bene – Gott lässt uns nicht allein!
Gott sprach: Meinen Bogen habe ich gesetzt in die Wolken; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde (1. Mose 9,13).
Dieser Bibelvers ist einer von vielen, die den Bund Gottes mit den Menschen beschreiben. Was mir auffällt ist, dass diese Bundesschlüsse immer nur von Gott ausgehen. Immer wieder geht Gott auf die Menschen zu. Und genauso oft wird er enttäuscht.
Doch das Symbol des Regenbogens will uns immer wieder daran erinnern, dass Gott trotz allem sein Versprechen einhält. Er ist nicht einer, der etwas sagt und etwas anderes tut. Und so ist der Regenbogen das Zeichen der Treue Gottes. Er will uns an den Bund Gottes, den er nach der Sintflut geschlossen hat, erinnern.
Und auch wenn wir immer wieder untreu werden, so ist er doch treu. Das kleine Wörtchen „treu“ hat denselben Wortstamm wie „Trost“. Und so will das Symbol der Treue uns auch ein Symbol des Trostes werden.
So ist der Regenbogen ein markantes Hoffnungszeichen, ein Erinnerungszeichen, dass Gottes Treue und Zusage über unserem Leben steht und ein Symbol der menschlichen Versöhnung. Er ist ein Zeichen des Friedens und der Sehnsucht für den Menschen, der vor der Kluft steht zwischen Ewigem und Vergänglichem, zwischen Trauer und Hoffnung.
Damit ein Regenbogen entsteht, braucht es Sonne und Regen. Meist entsteht er nach einem Gewitter. Im Regenbogen verbindet sich das Himmlische mit dem Irdischen. In diesem Zeichen will Gott sich mit uns Menschen verbinden. Er bricht in unser Leben ein.
Nach dem Erscheinen des „Bogens“ gibt es keine Katastrophe mehr. Die Sünde führt nicht in die Tragik, weil das Leben weitergeht. Gott gibt unserem Leben trotz allem eine Zukunft, trotz Corona, trotz Überflutungen, Krisen, Scheitern.
„Somewhere over the rainbow“ – in diesem vielgespielten Hit wird die Hoffnung besungen, dass es da oben über dem Regenbogen einen Ort gibt, wo Träume wahr werden, wo unsere Sorgen dahinschmelzen, wo kein Schmerz regiert, wo keine Träne mehr fließt.
Der Regenbogen ist von daher auch wie eine Brücke, die sich von der Erde zum Himmel aufschwingt und Gott und den Menschen verbindet.
Gott baut uns mit seiner Zusage immer eine Brücke in den Himmel.
Auch wir sollen Brücken bauen, Brücken zueinander, zwischen zerstrittenen Parteien, zwischen Konfessionen, zwischen Regionen, Ländern und Kulturen, zwischen Menschen und Gott.
Brückenbauer brauchen, wie ihre Brücken, vor allem eines: ein festes Fundament, auf dem sie stehen. Wer für andere Brücken schlagen will, muss selber einen festen Stand haben und zuverlässigen Boden unter den Füßen. Dieser Boden ist für uns Christen Jesus Christus selber. Nur mit ihm kann der Brückenbau gelingen.
Wir wollen wie ein Regenbogen eine Brücke bauen zwischen dem Gott des Heils und den Menschen. Es braucht in unserer Zeit „Überbrücker“, die nicht nur das Trennende sehen, sondern das, was uns zusammenführt.
Wir brauchen die Brücke der Versöhnung, die tiefe Gräben überbrückt und Menschen wieder zusammenführt. Die Liebe ist die Grundlage für jede Beziehung zwischen den Menschen. Wo diese Liebe nicht mehr gepflegt wird, können Brücken schnell abbrechen. So können wir eine Brücke schlagen durch wertschätzende Worte an andere. Wäre das nicht eine gute Herausforderung für die Passionszeit? Werden wir Brückenbauer, Hoffnungszeichen!
Ich kann mir kein schöneres und passenderes Bild für den Bund Gottes mit uns Menschen vorstellen, als den Regenbogen mit seinem Farbspektrum. Er kann überall in der Natur entstehen. Er vereint die vielen verschiedenen Farben in sich; nicht alle diese Farben sind für uns sichtbar, so wie auch nicht alle Facetten Gottes für uns fassbar sind.
Dieses Zeichen der Hoffnung und Ermutigung taucht immer dann auf, wenn Widersprüche aufeinanderprallen: Regen und Sonne. Wie tröstend: Gott ist da – mitten in den Widersprüchen unseres Lebens.
Bei allem, was schiefläuft, ob nun aus eigenem Verschulden oder aus sonstigen Gründen – Gott ist immer noch da und achtet auf das, was die Menschen tun. Er sieht das Gute und das Böse, das zuweilen überhandnimmt. Doch seine Zusage an Noah gilt bis heute. Gott liegt etwas an seinen Menschen und er will sie retten. Weshalb sonst sollte er seinen Sohn geschickt haben, damit er die Schuld der Welt auf sich nimmt? Wohl den Menschen, die ihre Hoffnung auf ihn gründen und sich darauf besinnen – und das nicht nur, wenn sie einen Regenbogen sehen.
Ihr Pfarrer
Wolfgang Lindner